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Ruhrkessel im April 1945: Die Kapitulation von über 300.000 deutschen Soldaten und das Ende der Heeresgruppe B.H
Im April 1945 näherte sich der Zweite Weltkrieg in Europa unaufhaltsam seinem Ende. Während alliierte Truppen von Westen und Osten auf das verbliebene Kerngebiet des Deutschen Reiches vorrückten, spielte sich im Westen Deutschlands eines der letzten großen Kapitel des Krieges ab: der sogenannte Ruhrkessel. In diesem Gebiet wurden mehr als 300.000 deutsche Soldaten der Heeresgruppe B eingeschlossen – ein Ereignis, das nicht nur militärisch, sondern auch symbolisch das endgültige Scheitern der deutschen Kriegsführung markierte.

Das Ruhrgebiet war von zentraler Bedeutung. Als industrielles Herz Deutschlands versorgte es die Kriegswirtschaft über Jahre hinweg mit Kohle, Stahl und Rüstungsproduktion. Für die Alliierten war klar: Wer das Ruhrgebiet kontrollierte, brach dem Deutschen Reich das Rückgrat. Im Frühjahr 1945 stießen US-amerikanische Truppen rasch über den Rhein vor. Nach der überraschend schnellen Einnahme mehrerer Rheinbrücken und erfolgreichen Übergängen begann die Einkesselung deutscher Verbände zwischen Rhein, Ruhr und Sauerland.
Die Heeresgruppe B, die den Raum verteidigen sollte, stand unter dem Kommando von Generalfeldmarschall Walter Model. Model galt als erfahrener Frontoffizier und war bekannt dafür, auch in aussichtslosen Lagen weiterzukämpfen. Doch im Ruhrkessel waren die Voraussetzungen katastrophal. Die deutschen Truppen bestanden aus stark dezimierten Einheiten der Wehrmacht, des Volkssturms und versprengten Restverbänden. Es fehlte an Munition, Treibstoff, Verpflegung und vor allem an Luftunterstützung.
Ab Anfang April schlossen amerikanische Einheiten den Ring um das Gebiet immer enger. Städte wie Essen, Dortmund, Bochum und Wuppertal wurden nach schweren Kämpfen eingenommen. Für die eingeschlossenen Soldaten bedeutete dies den völligen Verlust der Bewegungsfreiheit. Kommunikationswege brachen zusammen, Befehle aus Berlin erreichten die Front kaum noch oder waren völlig realitätsfern.

Die Lage der Zivilbevölkerung war ebenso dramatisch. Millionen Menschen lebten in zerstörten Städten, oft ohne ausreichende Versorgung. Kampfhandlungen fanden mitten in Wohngebieten statt. Artilleriebeschuss, Luftangriffe und Straßenkämpfe bestimmten den Alltag. Viele Zivilisten suchten Schutz in Kellern oder versuchten, aus den umkämpften Gebieten zu fliehen – häufig vergeblich.
Trotz der aussichtslosen Situation ergingen aus der NS-Führung weiterhin Durchhaltebefehle. Kapitulation wurde verboten, Rückzug als Verrat betrachtet. Für viele Soldaten war jedoch längst klar, dass der Krieg verloren war. Die Front zerfiel, ganze Einheiten legten eigenständig die Waffen nieder. Die US-Armee registrierte täglich zehntausende Gefangene, die erschöpft, hungrig und oft erleichtert waren, den Kampf endlich hinter sich zu lassen.
Am 18. April 1945 kam es schließlich zur formellen Kapitulation der Heeresgruppe B. Über 300.000 deutsche Soldaten ergaben sich den US-amerikanischen Streitkräften – eine der größten Massenkapitulationen deutscher Truppen im gesamten Krieg. Für die Alliierten war dies ein entscheidender Erfolg, der den Weg ins Innere Deutschlands weiter öffnete.
Für Walter Model stellte sich die Situation anders dar. Als Feldmarschall sah er sich persönlich an den Eid und das soldatische Selbstverständnis gebunden. Eine Gefangennahme lehnte er ab. In den Tagen nach der Kapitulation zog er sich zurück und nahm sich schließlich das Leben. Sein Tod steht sinnbildlich für die Tragik vieler hoher Offiziere, die zwischen fanatischer Loyalität, militärischem Ehrbegriff und der Realität der Niederlage zerrieben wurden.

Historiker bewerten den Ruhrkessel heute als militärisch sinnlosen Endkampf. Die Verteidigung konnte den Vormarsch der Alliierten nicht aufhalten, verursachte jedoch weiteres Leid bei Soldaten und Zivilisten. Der Zusammenbruch im Ruhrgebiet zeigte deutlich, dass das Deutsche Reich zu diesem Zeitpunkt keine realistische Möglichkeit mehr hatte, den Krieg fortzusetzen.
Die Gefangenen wurden nach der Kapitulation in provisorische Lager gebracht, viele davon unter freiem Himmel. Die Versorgung war schwierig, aber im Vergleich zur Front bedeutete die Gefangenschaft für viele das Überleben. Der Krieg in Europa endete nur wenige Wochen später, am 8. Mai 1945.
Der Ruhrkessel markiert damit nicht nur ein militärisches Ereignis, sondern auch einen Wendepunkt im Bewusstsein der Zeitgenossen. Er zeigte, dass selbst große Truppenverbände keinen Einfluss mehr auf den Ausgang des Krieges hatten. Ideologie, Durchhalteparolen und Befehle konnten die Realität nicht länger verdrängen.
Heute erinnert der Ruhrkessel daran, wie sinnlos der letzte Widerstand war und welchen Preis er forderte. Er mahnt, dass politische Verblendung und militärischer Fanatismus unermessliches Leid verursachen – selbst dann, wenn die Niederlage längst feststeht. Geschichte endet nicht nur mit Siegen, sondern oft mit Kapitulationen, die Leben retten könnten, wenn sie früher erfolgen würden.




