m Frühjahr 1945 war der Zweite Weltkrieg in Europa fast entschieden. Während sowjetische Truppen bereits tief in Ostdeutschland standen, rückten amerikanische und britische Streitkräfte von Westen her vor. Eines der letzten großen Kapitel des Krieges auf deutschem Boden spielte sich im Ruhrgebiet ab – dem industriellen Herzen des Landes. Hier, in einem Kessel zwischen Rhein, Ruhr und Lippe, wurde die deutsche Heeresgruppe B unter Generalfeldmarschall Walter Model vollständig eingeschlossen.
Die Alliierten hatten nach der Rheinüberquerung im März 1945 einen weiten Bogen geschlagen, um die industriell bedeutenden Städte Essen, Dortmund, Duisburg und Düsseldorf einzukesseln. Mehr als 300.000 deutsche Soldaten, darunter erfahrene Einheiten der Wehrmacht, befanden sich bald in einer ausweglosen Lage. Ihre Versorgung war abgeschnitten, Nachschub unmöglich, die Luftüberlegenheit der Alliierten erdrückend.
Trotz der aussichtslosen Situation versuchte Model zunächst, die Verteidigung aufrechtzuerhalten. Er war sich bewusst, dass das Ruhrgebiet für das Deutsche Reich von enormer Bedeutung war: Hier befanden sich wichtige Rüstungsbetriebe, Stahlwerke und Energiequellen. Doch schon nach wenigen Tagen war klar, dass ein Durchbruch nicht gelingen konnte. Die amerikanischen Truppen unter dem Kommando von General Omar Bradley und General Courtney Hodges schnürten den Ring immer enger.
Am 18. April 1945 kapitulierten schließlich über 300.000 Soldaten der Heeresgruppe B vor den US-Streitkräften. Es war die größte Massenkapitulation deutscher Truppen im Zweiten Weltkrieg. Ganze Divisionen legten ihre Waffen nieder. Für die Alliierten war dies ein strategischer Sieg von größter Bedeutung, da er das industrielle Zentrum des Reiches endgültig lähmte und den weiteren Vormarsch nach Osten erleichterte.
Für Walter Model persönlich bedeutete die Niederlage eine schwere persönliche und militärische Tragödie. Als einer der ranghöchsten Offiziere der Wehrmacht stand er unter dem Eid, bis zuletzt zu kämpfen. Zugleich wusste er, dass er nach der Kapitulation vor ein Kriegsgericht gestellt werden könnte. Berichte aus jener Zeit beschreiben ihn als tief zerrissen zwischen Pflichtgefühl, persönlicher Ehre und der Aussicht auf ein sinnloses Blutvergießen. Nur wenige Tage nach der Kapitulation seiner Truppen nahm sich Model in einem Wald bei Duisburg das Leben. Er wollte sich der Gefangenschaft und einer möglichen Anklage entziehen.
Die Folgen der Ruhrkessel-Kapitulation waren weitreichend. Für die deutsche Bevölkerung im Ruhrgebiet bedeutete sie das Ende des Krieges in ihrer Region. Viele Städte waren schwer zerstört, Infrastruktur und Wohnraum lagen in Trümmern. Doch mit der Einnahme durch die Alliierten begann auch der mühsame Wiederaufbau und die Versorgung der Zivilbevölkerung. Für die US-Armee war der Sieg ein entscheidender Schritt, um den Krieg in Europa innerhalb weniger Wochen zum Abschluss zu bringen: Bereits am 8. Mai 1945 kapitulierte das Deutsche Reich bedingungslos.
Historiker bewerten den Ruhrkessel bis heute als Schlüsselmoment des Endkampfs im Westen. Die schiere Zahl der Gefangenen machte deutlich, dass der militärische Widerstand endgültig zusammengebrochen war. Gleichzeitig wirft das Verhalten Models Fragen nach militärischer Loyalität und persönlicher Verantwortung auf. Sein Entschluss, sich das Leben zu nehmen, wird bis heute kontrovers diskutiert: War es ein letzter Akt des Gehorsams, ein persönliches Versagen – oder ein Versuch, weiteres Leid zu verhindern?
Für die Nachwelt bleibt die Erinnerung an diese dramatischen Wochen ein Mahnmal. Die Kapitulation im Ruhrkessel zeigt, wie sinnlos die letzten Kämpfe waren, als der Krieg längst verloren war. Sie erinnert zugleich daran, wie wichtig es ist, Wege des Friedens zu suchen, bevor unzählige Menschenleben geopfert werden.
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