Gefangene deutsche Soldaten nach ihrer Gefangennahme durch sowjetische Truppen – Stalingrad, 31. Januar 1943, im Zweiten Weltkrieg.H
Der 31. Januar 1943 markiert einen Wendepunkt in der Geschichte des Zweiten Weltkriegs. An diesem bitterkalten Wintertag endet für einen Teil der eingeschlossenen 6. Armee der Wehrmacht die monatelange, erbitterte Schlacht um Stalingrad – eine der härtesten und verlustreichsten Auseinandersetzungen in der Militärgeschichte. Die Aufnahmen, die an diesem Tag entstanden, zeigen erschöpfte deutsche Soldaten, die ihre Waffen niedergelegt haben und nun von den sowjetischen Truppen in Gefangenschaft geführt werden.
Die Männer auf diesen Bildern wirken abgezehrt, eingefallen, ihre Uniformen sind verschlissen, die Gesichter von Kälte, Hunger und Erschöpfung gezeichnet. Viele von ihnen hatten wochenlang bei Temperaturen von bis zu minus 30 Grad in zerstörten Häusern, Schützengräben oder improvisierten Unterständen ausgeharrt. Die Versorgung war zusammengebrochen – Munition, Nahrungsmittel, Medikamente und selbst Brennstoff waren Mangelware. Typhus, Erfrierungen und Unterernährung hatten sich in den Reihen breitgemacht.
Die Gefangennahme durch die Rote Armee bedeutete für diese Soldaten das Ende eines Albtraums – und zugleich den Beginn eines ungewissen Kapitels. Nur wenige von den über 90.000 deutschen Soldaten, die in Stalingrad in sowjetische Gefangenschaft gerieten, sollten nach dem Krieg in ihre Heimat zurückkehren. Viele erlagen in den folgenden Monaten den Strapazen von langen Märschen in Gefangenenlager, der unzureichenden Verpflegung und den harten klimatischen Bedingungen.
Für die sowjetische Seite war die Kapitulation der 6. Armee ein Triumph, der weit über den militärischen Sieg hinausging. Stalingrad war zu einem Symbol geworden – für den Widerstandswillen der Roten Armee, für das Ende der deutschen Offensive im Osten und für die Wende im Kriegsgeschehen. Die Bilder der gefangenen Wehrmachtsoldaten, eingehüllt in Decken, Mäntel und alles, was sie vor der Kälte schützen konnte, gingen um die Welt und prägten das kollektive Gedächtnis ganzer Generationen.
Die Stadt selbst, benannt nach dem sowjetischen Staatschef Josef Stalin, war in den Monaten zuvor zu einem Schlachtfeld aus Schutt und Trümmern geworden. Häuserfronten waren nur noch Ruinen, Straßen von Bombentrichtern zerrissen, die Wolga von Rauch und Nebel verhüllt. Kämpfe tobten nicht nur an den Frontlinien, sondern um jedes Stockwerk, jeden Keller, jede Fabrikhalle. Die Rote Armee und die Wehrmacht lieferten sich Gefechte auf kürzeste Distanz, oft nur getrennt durch wenige Meter Schutt.
Als die sowjetischen Gegenoffensiven im November 1942 die deutschen Truppen einkesselten, begann das Ende für die 6. Armee. Generalfeldmarschall Friedrich Paulus, der am 30. Januar 1943 von Adolf Hitler noch zum Feldmarschall ernannt wurde, kapitulierte am nächsten Tag – in der Hoffnung, weiteres Blutvergießen zu verhindern. Seine Entscheidung rettete zwar das Leben der wenigen Überlebenden in seinem Sektor, doch in den nördlichen Teilen der Stadt wurde noch bis zum 2. Februar gekämpft.
Die Gefangennahme dieser Männer, die monatelang als Teil der Angreifer in einer der brutalsten Schlachten der Weltgeschichte gekämpft hatten, war auch eine Propagandawaffe. Sowjetische Fotografen hielten die Szenen fest: lange Reihen von Soldaten, die mit gesenkten Köpfen durch das Eis und den Schnee marschieren, ihre Hände tief in den Taschen vergraben, manche barhäuptig, andere mit notdürftig zusammengebundenen Kopfbedeckungen.
Für die Menschen in der Sowjetunion war es der sichtbare Beweis dafür, dass der Krieg nicht nur verteidigt, sondern auch gewonnen werden konnte. Für die Deutschen war es ein Schock – die unbesiegbare Wehrmacht hatte eine ihrer stärksten Armeen verloren. Für die Soldaten selbst war es der Moment, an dem sie endgültig zu Gefangenen wurden – ohne zu wissen, ob sie jemals wieder deutschen Boden betreten würden.
Die Gesichter auf den Bildern erzählen Geschichten von Strapazen, Verlust und Resignation. Manche blicken leer in die Ferne, andere scheinen in sich gekehrt. Sie alle tragen die unsichtbaren Narben einer Schlacht, die sie körperlich und seelisch bis an ihre Grenzen gebracht hatte.
Heute gilt Stalingrad als einer der entscheidenden Wendepunkte des Zweiten Weltkriegs. Der Sieg der Roten Armee stoppte nicht nur den Vormarsch der Wehrmacht, sondern leitete eine Serie von Niederlagen ein, die schließlich zum völligen Zusammenbruch des nationalsozialistischen Deutschlands führten.
Die Aufnahmen vom 31. Januar 1943 sind daher nicht nur Dokumente einer Kapitulation. Sie sind Mahnmale für das Leid des Krieges – auf beiden Seiten. Sie erinnern daran, dass hinter jeder Uniform ein Mensch steht, gefangen in den Strömungen der Geschichte, ausgeliefert den Entscheidungen von Befehlshabern und Politikern.