Titel: Deutsche Soldaten mit der 2-cm-Flak 30 bei Drocourt, Frankreich (August 1944) – Ein Bild aus den letzten Monaten der deutschen Besatzung.H
m August 1944, nur wenige Wochen nach der alliierten Landung in der Normandie, befand sich die deutsche Wehrmacht in einer zunehmend verzweifelten Lage in Frankreich. Das Foto, das eine deutsche Stellung bei Drocourt zeigt, auf der eine 2-cm-Flugabwehrkanone Flak 30 bedient wird, ist ein eindrückliches Zeugnis jener Zeit. Es dokumentiert nicht nur ein Stück Militärtechnik, sondern zugleich den Versuch, in einer hoffnungslos gewordenen Situation weiterhin Widerstand zu leisten.
Die 2-cm-Flak 30 war ein Standardgeschütz der Wehrmacht zur Flugabwehr. Ursprünglich in den 1930er-Jahren entwickelt, diente sie in erster Linie zur Bekämpfung von Tieffliegern. Mit einer Feuerrate von bis zu 280 Schuss pro Minute war sie gegen ungeschützte Luftziele durchaus wirksam. Doch schon bald erwies sich die Waffe als veraltet, da alliierte Flugzeuge besser gepanzert und schneller wurden. Trotzdem blieb sie bis zum Ende des Krieges im Einsatz, da die deutsche Rüstungsindustrie keine modernen Alternativen in ausreichender Zahl bereitstellen konnte.
Die Szene bei Drocourt ist von einer besonderen Tragik geprägt. Im Sommer 1944 drängten die Alliierten nach der erfolgreichen Operation „Cobra“ in der Normandie immer weiter nach Osten vor. Ganze deutsche Verbände gerieten im Kessel von Falaise in Gefangenschaft oder wurden vernichtet. Für die deutschen Soldaten, die bei Drocourt ihre Flak-Stellung bedienten, war es eine Zeit permanenter Bedrohung: alliierte Jagdbomber beherrschten den Himmel, während die Bodentruppen unaufhaltsam näher rückten.
Ein Foto wie dieses zeigt, wie sehr die deutsche Kriegsführung auf Improvisation angewiesen war. Flugabwehrkanonen wie die Flak 30 wurden nicht nur gegen Flugzeuge eingesetzt, sondern auch gegen Bodenziele – etwa gegen anrückende Infanterie oder leichte Fahrzeuge. In Frankreich 1944 war dies oft die einzige Möglichkeit, die Übermacht der Alliierten zumindest zeitweise zu verzögern. Doch die Realität war eindeutig: Die militärische Lage hatte sich zugunsten der Alliierten entschieden.
Drocourt selbst, ein kleiner Ort im Département Pas-de-Calais, wurde bald von den Alliierten eingenommen. Damit fiel auch diese Stellung, die auf dem Bild zu sehen ist. Viele der beteiligten Soldaten gerieten in Gefangenschaft. Andere kamen bei den Kämpfen ums Leben. Das Schicksal der Männer, die die Flak 30 bedienten, bleibt unbekannt – doch ihre Geschichte steht exemplarisch für viele Soldaten jener Zeit, die im Chaos der Rückzugsgefechte ihren Dienst verrichteten.
Heute erlaubt uns dieses Bild, die Vergangenheit differenziert zu betrachten. Es ist kein heroisches Motiv, sondern ein nüchternes Dokument. Es zeigt Menschen, die in einem Krieg gefangen waren, den sie nicht mehr gewinnen konnten. Für Historiker ist es zugleich eine Quelle, die Aufschluss über den Stand der Wehrmacht, ihre Ausrüstung und ihre Taktik im Spätsommer 1944 gibt.
Darüber hinaus wirft das Foto Fragen auf: Was mag in den Köpfen dieser Soldaten vorgegangen sein? Haben sie noch an einen Sieg geglaubt – oder waren sie sich der Aussichtslosigkeit bewusst? Solche Gedanken begleiten den Betrachter und machen die Aufnahme zu mehr als nur einer militärischen Momentaufnahme. Sie erinnert an die menschliche Dimension des Krieges, an junge Männer, die in einer aussichtslosen Lage ausharren mussten.
Die Geschichte der Flak-Stellung bei Drocourt ist damit ein kleines, aber wichtiges Puzzlestück im großen Bild des Zweiten Weltkrieges. Sie zeigt die Härte des Rückzugs, die improvisierten Verteidigungsmaßnahmen und das ungleiche Kräftemessen zwischen der Wehrmacht und den alliierten Truppen. Gleichzeitig mahnt sie uns, wie rasch ein Krieg ganze Regionen in Schutt und Asche legen kann – und wie schnell Hoffnungen und Illusionen zusammenbrechen.