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Geheime Waffen der Vergeltung: Deutsche V2-Raketen einsatzbereit an der Front (1944).H
Auf dem Bild sehen wir eine Reihe von V2-Raketen, auf mobilen Startrampen montiert und bereit zum Einsatz. Diese Aufnahme stammt aus den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs – vermutlich 1944 –, einer Zeit, in der das nationalsozialistische Deutschland zunehmend auf sogenannte „Wunderwaffen“ setzte, um das Kriegsglück zu wenden. Die V2-Rakete (offiziell: Aggregat 4) war ein technologisches Meisterwerk, aber auch ein Symbol für die Verzweiflung einer untergehenden Diktatur.
Die V2 war die erste ballistische Rakete, die den Weltraum erreichte – sie stieg über die Grenze von 100 Kilometern, die heute allgemein als Beginn des Weltraums gilt. Entwickelt wurde sie unter der Leitung von Wernher von Braun und anderen Ingenieuren im Raketenforschungszentrum Peenemünde an der Ostsee. Ihr Ziel war es, feindliche Städte zu treffen, ohne dass Flugzeuge über feindliches Gebiet fliegen mussten. Die V2 flog mit Überschallgeschwindigkeit und konnte daher nicht abgefangen werden. Ihr Einschlag kam ohne Vorwarnung – keine Sirenen, kein Fliegeralarm. Die psychologische Wirkung war enorm.
Militärisch jedoch war die V2 von zweifelhaftem Wert. Zwar trafen Hunderte Raketen Städte wie London, Antwerpen oder Lüttich, doch ihre Zielgenauigkeit war schlecht, und der militärische Schaden blieb begrenzt. Dafür war der Aufwand gigantisch: Herstellung, Transport, Brennstoffe, Startpersonal – all das band wertvolle Ressourcen, die andernorts fehlten. Trotzdem setzte die NS-Führung große Hoffnungen in die V2 als sogenannte „Vergeltungswaffe 2“ (daher auch der Name), mit der sie sich für die alliierten Bombenangriffe auf deutsche Städte „rächen“ wollte.
Auf dem Foto ist auffällig, dass die Raketen mit Tarnanstrichen versehen sind – vermutlich, um sie aus der Luft schwerer erkennbar zu machen. Die Startplattformen waren mobil, sodass die Raketen aus Wäldern, Feldern oder befestigten Stellungen in Nordfrankreich oder den Niederlanden gestartet werden konnten. Dieser mobile Einsatz war notwendig geworden, nachdem die alliierten Luftangriffe das Testzentrum in Peenemünde schwer beschädigt hatten.
Was auf dem Foto jedoch nicht zu sehen ist: Die V2 war ein Produkt des Zwangsarbeitssystems des Dritten Reiches. Nachdem die Fertigung von Peenemünde in unterirdische Stollen verlagert worden war – insbesondere in das berüchtigte KZ-Außenlager Mittelbau-Dora bei Nordhausen –, mussten Zehntausende Häftlinge unter unmenschlichen Bedingungen Raketen herstellen. Schätzungen zufolge starben über 20.000 Menschen durch Erschöpfung, Misshandlungen oder gezielte Tötung, bevor sie jemals einen Himmel sahen, geschweige denn ein Ziel trafen. Die V2 war daher nicht nur eine technische Pionierleistung, sondern auch ein grausames Kapitel der NS-Kriegsführung.
Nach Kriegsende erlangten die V2-Raketen eine neue Bedeutung. Die Alliierten – allen voran die USA und die Sowjetunion – bemühten sich, deutsches Know-how und Raketeningenieure für ihre eigenen Programme zu gewinnen. Wernher von Braun und sein Team gelangten im Rahmen der „Operation Paperclip“ in die USA, wo sie später eine Schlüsselrolle im NASA-Raumfahrtprogramm spielten. Die V2 war damit zugleich der Vorläufer der amerikanischen Saturn-V-Rakete, die 1969 die ersten Menschen zum Mond brachte.
So stehen die Raketen auf dem Bild zwischen zwei Welten: einerseits als Waffen der Zerstörung im Dienste eines totalitären Regimes, andererseits als Ausgangspunkt für den technologischen Fortschritt in der Raumfahrt. Dieses Spannungsverhältnis macht die V2 zu einem ambivalenten Objekt der Geschichte – technisch bewundert, moralisch belastet.
Heute erinnern Gedenkstätten wie Mittelbau-Dora an die Opfer, die im Schatten dieser „Wunderwaffen“ litten und starben. Das Bild der majestätisch aufragenden Raketen sollte uns daher nicht nur an technische Errungenschaften erinnern, sondern auch an die dunklen Seiten ihrer Entstehung – an den Preis, den Zivilisten und Zwangsarbeiter dafür zahlten. Geschichte ist niemals nur Fortschritt – sie ist immer auch Erinnerung.