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Deutschlands Geheimwaffe V2: Im Bunker von Éperlecques – hier starteten die Raketen mit Überschallgeschwindigkeit Richtung Ziel.H

as Foto, aufgenommen im massiven Betonkomplex des Blockhaus von Éperlecques in Nordfrankreich, zeigt einen Ort, der wie kaum ein anderer für die geheimen und zerstörerischen Ambitionen des Dritten Reiches steht. Hier sollte eine der modernsten Waffen des Zweiten Weltkriegs vorbereitet und gestartet werden: die V2-Rakete, eine technische Pionierleistung und zugleich ein Symbol für Tod und Zerstörung.

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Die V2 (Vergeltungswaffe 2) war die erste funktionsfähige ballistische Rakete der Welt. Sie wurde mit Flüssigsauerstoff und Ethanol betankt und verfügte über ein neuartiges Gyroskop-Leitsystem, das ihr nach dem senkrechten Start erlaubte, eine ballistische Flugbahn einzuschlagen. Mit Überschallgeschwindigkeit raste sie in Richtung Ziel – schneller, als irgendein Abwehrsystem reagieren konnte. Die Einschläge erfolgten ohne Vorwarnung.

Im Gegensatz zu den bekannten V1-Flugbomben war die V2 nicht mehr vom Himmel zu hören. Während die V1 ihr charakteristisches „Brummen“ hatte, das beim Versiegen des Motors abrupt verstummte, kam die V2 aus dem Nichts. Für die Bevölkerung in London, Antwerpen und anderen Städten bedeutete das: Es gab keine Sirenen, keine Möglichkeit zur Flucht. Der Einschlag war plötzlich da, eine gewaltige Explosion, die Tod und Angst verbreitete.

Der Blockhaus von Éperlecques, auch „Bunker von Watten“ genannt, wurde 1943 von den Deutschen errichtet, um hier V2-Raketen zu montieren, zu betanken und direkt zu starten. Mit meterstarken Betonwänden und einer gewaltigen Dimension war er als Herzstück der deutschen Raketenoffensive geplant. Der Standort in Nordfrankreich war bewusst gewählt: Von hier aus konnten die Raketen London und Südengland erreichen.

Doch noch während der Bauarbeiten griffen die Alliierten den Bunker massiv an. Besonders die Operation Crossbow, die Luftoffensive gegen deutsche Raketenanlagen, richtete enorme Schäden an. Mehrfach bombardierten britische und amerikanische Bomber den Blockhaus, wobei sogenannte „Tallboy“-Bomben eingesetzt wurden – Spezialwaffen, die tief in den Beton eindringen und selbst diese massiven Strukturen erschüttern konnten.

Obwohl der Bunker nie in vollem Umfang als Startbasis für die V2 genutzt wurde, blieb er ein zentrales Symbol für die deutsche Raketentechnik. Viele Raketenstarts erfolgten später von mobilen Abschussrampen, die flexibler und schwerer zu orten waren. Dennoch ist der Blockhaus ein eindrucksvolles Beispiel für die gigantischen Bauprojekte des Dritten Reiches – Projekte, die unter Einsatz von Zwangsarbeitern errichtet wurden. Tausende von Arbeitern aus besetzten Ländern, insbesondere aus Osteuropa, wurden hier unter unmenschlichen Bedingungen eingesetzt. Viele überlebten die Strapazen nicht.

Die V2 selbst forderte ebenfalls unzählige Opfer – nicht nur bei ihren Angriffen, sondern auch in der Produktion. Im Mittelwerk bei Nordhausen, wo die Raketen in unterirdischen Stollen gefertigt wurden, starben Zehntausende Zwangsarbeiter des KZ Mittelbau-Dora. So war die „Wunderwaffe“, die Joseph Goebbels propagandistisch als letzte Hoffnung des Reiches feierte, in Wahrheit auf unvorstellbarem Leid gebaut.

Technisch gesehen war die V2 ein Meilenstein. Viele ihrer Prinzipien legten den Grundstein für die spätere Raumfahrt. Nach dem Krieg wurden zahlreiche V2-Raketen und Ingenieure von den Alliierten übernommen. Besonders die USA und die Sowjetunion nutzten dieses Wissen für ihre eigenen Raketenprogramme. Berühmtestes Beispiel ist Wernher von Braun, einer der führenden Entwickler der V2, der später in den USA das Apollo-Programm maßgeblich mitgestaltete.

Doch im Jahr 1944/45 war die V2 keine Zukunftsvision, sondern ein Werkzeug des Schreckens. Zwischen September 1944 und März 1945 wurden mehr als 3.000 Raketen abgefeuert. London und Antwerpen waren die Hauptziele, doch auch andere Städte wie Paris, Brüssel oder Maastricht wurden getroffen. Über 9.000 Menschen starben durch V2-Angriffe, Zehntausende wurden verletzt oder obdachlos.

Das Foto aus dem Blockhaus Éperlecques erinnert uns an diese düstere Episode. Die Vorstellung, dass hier Raketen auf Schienen aus dem Bunker hinausgerollt, aufgestellt, betankt und gestartet werden sollten, lässt erschaudern. Man erkennt die Mischung aus technischer Faszination und menschlicher Tragödie: eine hochentwickelte Maschine, die ihre Zeit weit voraus war, eingesetzt für einen Krieg, der längst verloren war und der nur noch mehr Leid verursachte.

Heute ist der Blockhaus Éperlecques ein Museum. Besucher können die gewaltigen Betonmassen besichtigen und sich über die Geschichte der V-Waffen informieren. Es ist ein Ort des Gedenkens, der zugleich die technische Dimension wie auch die menschlichen Opfer sichtbar macht.

So bleibt die V2-Rakete ein ambivalentes Kapitel der Geschichte: Sie war die erste ballistische Rakete, der Vorläufer aller modernen Raketenwaffen und Weltraumprogramme. Aber sie war auch eine Waffe des Terrors, die vor allem Zivilisten traf und deren Bau und Einsatz auf Zwangsarbeit, Tod und Ausbeutung basierte.

Das Bild aus Éperlecques fängt diesen Zwiespalt ein. Es zeigt den Ort, an dem Deutschlands „Geheimwaffe“ stationiert werden sollte – und macht klar, dass technische Errungenschaften niemals losgelöst von ihrer moralischen Dimension betrachtet werden können.


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