Am 27. Januar 1945 betrat die Rote Armee das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Was sie dort vorfanden, überstieg jede menschliche Vorstellungskraft. Unter den wenigen Überlebenden, die sie befreien konnten, befanden sich auch Kinder – erschöpft, ausgehungert, traumatisiert. Das heute weltberühmte Foto, das eine Gruppe dieser Kinder hinter dem Stacheldraht zeigt, wurde an diesem Tag aufgenommen. Es wurde zu einem erschütternden Symbol für das unermessliche Leid der Opfer des Holocaust.
Die Kinder auf dem Foto tragen gestreifte Häftlingskleidung. Manche halten sich aneinander fest, andere schauen direkt in die Kamera, mit leeren Blicken oder vorsichtiger Neugier. Ihr junges Alter steht in scharfem Kontrast zur grausamen Realität, die sie überlebt haben. Ihre Gesichter erinnern uns daran, dass der Holocaust nicht nur Erwachsene, sondern auch hunderttausende Kinder betroffen hat – jüdische Kinder, Sinti und Roma, sowie Kinder anderer verfolgter Gruppen.
Auschwitz war das größte deutsche Vernichtungslager. Zwischen 1940 und 1945 wurden hier über 1,1 Millionen Menschen ermordet, die meisten von ihnen Juden. Kinder hatten kaum eine Überlebenschance. Bei ihrer Ankunft wurden sie häufig sofort selektiert und in die Gaskammern geschickt. Nur wenige wurden am Leben gelassen – meist für medizinische Experimente oder als Teil von Arbeitskommandos. Einige der Kinder auf dem Foto überlebten durch Zufall oder durch den Mut und die Hilfe anderer Häftlinge.
Das Bild stammt aus einer Serie von Fotografien, die sowjetische Soldaten kurz nach der Befreiung aufnahmen. Es zeigt nicht nur das Ende eines unvorstellbaren Kapitels der Menschheitsgeschichte, sondern auch einen Moment der Hoffnung. Die Kinder sind frei – aber ihr Blick verrät, dass ihre Kindheit längst zerstört wurde. Die Vergangenheit, die sie hinter sich lassen, ist geprägt von Hunger, Gewalt, Tod und Angst. Ihre Zukunft ist ungewiss.
Heute ist das Foto Teil der Dauerausstellung der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau. Es erinnert Millionen von Besuchern daran, wie wichtig Erinnerung, Bildung und Aufklärung sind. Die Überlebenden, darunter auch einige der abgebildeten Kinder, traten in den folgenden Jahrzehnten öffentlich auf, erzählten ihre Geschichten, gaben Interviews und schrieben Bücher. Sie wurden zu wichtigen Stimmen im Kampf gegen das Vergessen.
Der Internationale Holocaust-Gedenktag am 27. Januar wurde nicht zufällig auf dieses Datum gelegt – er markiert die Befreiung von Auschwitz und ehrt die Opfer des nationalsozialistischen Völkermords. In vielen Ländern, auch in Deutschland, finden an diesem Tag Gedenkveranstaltungen, Lesungen und Zeitzeugengespräche statt.
Das Foto von den Kindern in Auschwitz mahnt uns: Es darf nie wieder geschehen. Es erinnert uns daran, dass Menschenrechte nicht selbstverständlich sind, dass Hass und Ausgrenzung immer wieder bekämpft werden müssen – in Schulen, in der Politik, im Alltag. Es ruft uns auf, die Stimme zu erheben gegen Antisemitismus, Rassismus und jede Form von Intoleranz.
Mehr als 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Verantwortung nicht verschwunden – sie ist Teil unserer Gegenwart. Besonders junge Generationen stehen vor der Aufgabe, die Geschichte lebendig zu halten. Das Foto hilft dabei: Es erzählt ohne Worte, was geschehen ist. Und es stellt eine Frage, die bis heute brennt: Wie konnte es so weit kommen?