Als der Alexanderplatz im Winter leuchtete: Weihnachtsmarkt in Ost-Berlin der 1980er-Jahre.H
In den 1980er-Jahren war der Alexanderplatz nicht nur das pulsierende Zentrum Ost-Berlins, sondern in der Adventszeit auch ein Ort besonderer Stimmung. Wenn der Winter kam und die Tage kürzer wurden, verwandelte sich der weitläufige Platz in eine festliche Kulisse, die für viele Menschen Wärme, Gemeinschaft und eine kurze Auszeit vom Alltag bedeutete. Der Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz war kein Ort des Überflusses, sondern einer der Begegnung und stillen Freude.
Schon aus der Ferne waren die Lichter zu sehen. Girlanden spannten sich zwischen Laternen, einfache Glühbirnen tauchten den Platz in ein warmes, gelbliches Licht. Vor dem Fernsehturm sammelten sich kleine Stände aus Holz und Metall, oft schlicht gebaut, aber liebevoll dekoriert. Der Duft von gebrannten Mandeln, heißem Tee und Gewürzen lag in der kalten Luft. Für viele Ost-Berliner war dieser Geruch untrennbar mit der Vorweihnachtszeit verbunden.

Das Angebot auf dem Weihnachtsmarkt spiegelte die Realität der damaligen Zeit wider. Importierte Waren oder luxuriöse Geschenke waren selten. Stattdessen fanden sich handgefertigte Holzspielzeuge aus dem Erzgebirge, Kerzen, einfache Schmuckstücke und selbstgestrickte Handschuhe. Viele Besucher kamen nicht unbedingt, um einzukaufen, sondern um zu schauen, zu schlendern und Bekannte zu treffen. Der Markt war ein sozialer Treffpunkt in einer Stadt, in der öffentliche Räume eine besondere Bedeutung hatten.

Kinder standen oft staunend vor den Ständen, an denen Spielzeug ausgestellt war. Ein kleines Holzauto oder eine geschnitzte Figur konnte ein großes Geschenk sein. Eltern erklärten geduldig, was möglich war und was nicht, und dennoch lag in diesen Momenten eine besondere Nähe. Weihnachten bedeutete hier weniger Konsum als gemeinsames Erleben. Der Alexanderplatz bot dafür den passenden Rahmen.
Auch kulinarisch war der Markt einfach, aber vertraut. Heißer Apfeltee, Glühwein-ähnliche Getränke und kleine Gebäcke halfen, der Kälte zu trotzen. Menschen standen dicht beieinander, hielten Tassen mit beiden Händen fest und unterhielten sich über Alltägliches. Politik spielte in diesen Momenten oft keine Rolle. Für kurze Zeit rückte der Alltag in den Hintergrund.
Die Atmosphäre des Weihnachtsmarktes war eng mit dem Stadtbild verbunden. Umgeben von markanten Gebäuden wie dem Haus des Lehrers oder dem Fernsehturm wirkte der Markt fast klein, aber gerade das machte seinen Reiz aus. Der Kontrast zwischen der weiten, modernen Platzanlage und den bescheidenen Ständen verlieh dem Ort eine besondere Spannung. In den 1980er-Jahren war der Alexanderplatz ein Symbol des sozialistischen Stadtlebens – und der Weihnachtsmarkt zeigte seine menschliche Seite.

Zeitzeugen erinnern sich daran, dass der Markt auch ein Ort der Hoffnung war. In einer Zeit begrenzter Reisefreiheit und eingeschränkter Möglichkeiten bot er einen Hauch von Normalität und Festlichkeit. Weihnachtslieder erklangen aus Lautsprechern, manchmal spielten kleine Chöre oder Musikgruppen. Die Melodien waren vertraut und schufen eine Atmosphäre, die viele bis heute im Gedächtnis tragen.
Für Besucher von außerhalb Ost-Berlins war der Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz etwas Besonderes. Er zeigte, wie sehr Traditionen auch unter anderen politischen und wirtschaftlichen Bedingungen weiterlebten. Weihnachten blieb ein Fest der Familie, der Rituale und der gemeinsamen Momente. Der Markt war ein sichtbarer Ausdruck davon.
Heute, Jahrzehnte später, hat sich der Alexanderplatz stark verändert. Moderne Geschäfte, digitale Werbetafeln und ein völlig neues Stadtleben prägen das Bild. Doch alte Fotografien und Erinnerungen halten die Stimmung der 1980er-Jahre fest. Sie zeigen Menschen in dicken Mänteln, Kinder mit roten Wangen und einen Platz, der trotz aller Einschränkungen leuchtete.

Der Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz der 1980er-Jahre steht rückblickend für mehr als nur eine festliche Veranstaltung. Er erzählt von Zusammenhalt, von kleinen Freuden und von der Bedeutung gemeinsamer Rituale. In einer Zeit des Wandels und der Unsicherheit bot er einen festen Punkt im Jahreslauf.
Diese Erinnerungen sind Teil der Berliner Geschichte. Sie erinnern daran, dass selbst in einfachen Momenten große Bedeutung liegen kann. Wenn der Alexanderplatz im Winter leuchtete, dann nicht wegen Glanz und Überfluss, sondern wegen der Menschen, die ihn mit Leben füllten.




