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Abrechnung nach 50 Jahren: Ex-OB Schramma verlässt die CDU – Ein Paukenschlag gegen Postengeschacher und den Zerfall der Volkspartei.H

Es ist mehr als nur eine persönliche Entscheidung, es ist ein politischer Paukenschlag, der das Fundament der Kölner Christdemokratie bis ins Mark erschüttert. Nach fast einem halben Jahrhundert Mitgliedschaft, nach einer Ära, in der er als Oberbürgermeister die Geschicke einer der größten Städte Deutschlands lenkte, kehrt Fritz Schramma seiner CDU den Rücken – und nicht nur er. Gemeinsam mit seiner Frau und seiner Tochter vollzieht er einen Bruch, der als lautes, unüberhörbares Alarmsignal für den Zustand einer Partei verstanden werden muss, die sich selbst zu verlieren droht.

Fritz Schramma ist, wie der Volksmund sagt, “stinksauer”. Doch es ist kein impulsiver Wutanfall, sondern das Ergebnis eines langen, schmerzhaften Prozesses. “Sein Entschluss habe er lange überlegt”, heißt es. Was er nun in einem Interview mit dem “Kölner Stadtanzeiger” offenbart, ist eine Generalabrechnung mit einer Parteiführung, der er Totalversagen, mangelnde Selbstreflexion und ein ungesundes Klammern an die Macht vorwirft.

Die Worte, die Schramma wählt, sind von einer brutalen Klarheit, die man in der oft weichgespülten politischen Debatte nur noch selten hört. “Wenn eine Mannschaft immer wieder verliert, dann muss der Trainer gehen”, zitiert ihn das Video. Ein einfaches, aber vernichtendes Bild für die Situation der Kölner CDU, die bei Wahlen nur noch die Rücklichter der Konkurrenz sieht. Bei der letzten Oberbürgermeisterwahl landete die Partei abgeschlagen auf dem dritten Platz, weit hinter Grünen und SPD. Köln, einst auch bürgerlich geprägt, ist zu einer uneinnehmbaren rot-grünen Hochburg verkommen.

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Genau hier setzt Schrammas fundamentale Kritik an. Er wirft der Parteispitze um Fraktionschef Bernt Petelkau und Geschäftsführer Niklas Kinitz vor, aus diesem Desaster keinerlei Konsequenzen zu ziehen. “Sich selbst zu fragen, woran es liegt, dass wir von Wahl zu Wahl schlechter werden, dass wir wieder einen Misserfolg erzielt haben und unsere Ziele nicht erreicht haben – nein, das wird völlig übergangen, direkt totgeschwiegen”, so Schramma.

Statt einer ehrlichen Aufarbeitung, statt eines personellen oder inhaltlichen Neuanfangs, erlebe man das genaue Gegenteil: “Stattdessen wurden Posten in Nacht- und Nebelaktionen gesichert.” Es ist der alte, bittere Vorwurf, der so oft hinter vorgehaltener Hand gemurmelt wird und den Schramma nun öffentlich macht: Es geht nicht mehr um die Sache, es geht um Versorgungsposten.

Der ehemalige Oberbürgermeister geht sogar noch weiter und deutet ein System der Abhängigkeiten an, das jeden internen Protest erstickt. Die Unzufriedenheit an der Basis sei “groß”, doch offener Protest bleibe aus. Schrammas Verdacht: “Weil natürlich bestimmten Leuten von Herrn Pittelkau bestimmte Dinge in Aussicht gestellt werden und deswegen sind sie ruhig.” Es ist das Bild einer Partei, die von innen heraus erstickt, in der Loyalität nicht durch Überzeugung, sondern durch Postenversprechen erkauft wird.

Sein Fazit ist so einfach wie niederschmetternd: “Der Fisch stinkt vom Kopf her.” Solange sich an der Spitze nichts ändere, werde die Partei “wirklich den Bach runtergehen”. Eine Entwicklung, die die CDU, in der es auch “gute Leute” gebe, nicht verdient habe.

Die Kritik trifft auch die Kölner CDU-Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Serap Güler. Schramma wirft ihr vor, ihre “Rolle in Berlin” lasse es nicht zu, die Partei in Köln angemessen zu führen. Ein Mangel an “Wertschätzung gegenüber den Mitgliedern” sei die Folge. Gülers Reaktion, ein öffentliches Bedauern über den Austritt und der Verweis auf die “großen Verdienste” Schrammas, wirkt im Licht dieser Vorwürfe fast schon hilflos. Der Verweis auf eine angeblich “gute und vertrauensvolle” Zusammenarbeit bei der Kandidatenkür wird von Schrammas Generalabrechnung Lügen gestraft.

Dieser Austritt ist ein Symptom für eine tiefere Krise. Es ist die Krise der Volksparteien, die den Kontakt zur Realität ihrer Wähler zu verlieren scheinen. Während die CDU-Führung in Köln offenbar damit beschäftigt ist, Posten zu sichern, herrschen auf den Straßen andere Sorgen.

Ein besonders bizarrer Vorgang, der im Video erwähnt wird, unterstreicht diese Entkopplung: eine “Wahlkampfeinigung” der sogenannten demokratischen Parteien in Köln, sich “nur positiv über Migration” zu äußern. Ein Abkommen, das kritische Fragen von vornherein unterbindet und die AfD, die man bewusst nicht einmal fragte, als einzige Kraft positioniert, die die Sorgen vieler Bürger überhaupt noch zu thematisieren wagt. “Wenn man noch nicht mal mehr die Probleme ansprechen darf, wo soll denn das hier alles noch hinführen?”, lautet der fassungslose Kommentar im Video.

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Es ist diese Verweigerungshaltung, diese Arroganz der Macht, die den Nährboden für Frustration und letztlich für den Erfolg der politischen Ränder bereitet. Die Altparteien, so der Eindruck, haben Angst. Angst vor der AfD, die “Stunk macht” und ihnen wichtige Stimmen abjagt. Die Reaktion ist jedoch nicht eine bessere Politik, sondern das Verwalten des eigenen Niedergangs und das Sichern der eigenen Pfründe.

Gleichzeitig mahnt der Videokommentator zur Vorsicht bei der Einordnung von Fritz Schramma selbst. Er erinnert daran, dass Schramma in seiner Zeit als Oberbürgermeister ein glühender Verfechter und “Einsetzer” für den Bau der umstrittenen DITIB-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld war, eines der größten Moscheebauten Europas. Er erinnert auch daran, wie Schramma 2008 gegen einen “Antiislamisierungskongress” auf die Straße ging und sich für die “weltoffene Stadt” starkmachte.

Die Ironie der Geschichte: Zur Eröffnung der Moschee durch den türkischen Präsidenten Erdogan wurde Schramma, der sich so lange für den Bau eingesetzt hatte, nicht einmal eingeladen. Ein Detail, das zeigt, wie komplex politische Loyalitäten und wie schnelllebig Dankbarkeit sein können.

Trotz dieser Einordnung bleibt der Kern von Schrammas Austritt ein Fanal: Die CDU, ob auf Stadt-, Landes- oder Bundesebene, scheint in einem freien Fall zu sein. Das “sinkende Schiff”, von dem im Video die Rede ist, verliert eine seiner prominentesten Galionsfiguren. Schramma, der Mann, der einst für eine weltoffene, aber bürgerliche CDU stand, sieht für sich und seine Familie keine Zukunft mehr in dieser Partei.

Er verzichtet auf “verlogene Elogen” zu seinem 50. Parteijubiläum von jenen Leuten, die “gerade den Ton angeben”. Es ist der endgültige, desillusionierte Abschied eines Mannes, der zusieht, wie sein politisches Lebenswerk erodiert – zerfressen von interner Postenschacherei, Realitätsverweigerung und einer Führungsschwäche, die den sprichwörtlichen Fisch vom Kopfe her stinken lässt.

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