25. Mai 1948: Witold Pilecki – der Mann, der freiwillig nach Auschwitz ging – wird hingerichtet.H
Am 25. Mai 1948 wurde in Warschau ein Mann hingerichtet, dessen Mut bis heute als einzigartig gilt: Witold Pilecki. Ein polnischer Offizier, ein Widerstandskämpfer, ein Patriot – und der einzige bekannte Mensch, der sich freiwillig verhaften ließ, um in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert zu werden, um die Welt über die dortigen Gräueltaten zu informieren.
Die Geschichte von Witold Pilecki beginnt lange vor dem Krieg. Als überzeugter Patriot kämpfte er schon in jungen Jahren für die Unabhängigkeit Polens. Nach der deutschen Invasion im September 1939 schloss er sich dem Widerstand an. Doch was er im Jahr 1940 vorschlug, war beispiellos und lebensgefährlich: Er wollte sich gefangen nehmen lassen, um ins damals noch relativ unbekannte Konzentrationslager Auschwitz eingeschleust zu werden.
Sein Ziel war es, Informationen über die Zustände im Lager zu sammeln, eine Widerstandsgruppe unter den Häftlingen zu organisieren und schließlich über geheime Kanäle Berichte nach draußen zu schmuggeln. Diese Berichte sollten die Weltöffentlichkeit und die polnische Exilregierung alarmieren – in der Hoffnung auf internationale Reaktionen.
Pilecki ließ sich unter falschem Namen – Tomasz Serafiński – bei einer Straßenrazzia in Warschau fassen und wurde im September 1940 nach Auschwitz deportiert. Was er dort erlebte, übertraf alle Erwartungen an Grausamkeit. Hunger, Folter, Massenmord – und dennoch gelang es ihm, ein Untergrundnetzwerk innerhalb des Lagers aufzubauen. Seine übermittelten Berichte gelten heute als einige der frühesten und präzisesten Quellen über das, was in Auschwitz geschah.
ach fast drei Jahren im Lager gelang Pilecki 1943 eine spektakuläre Flucht. Doch anstatt sich zurückzuziehen, kämpfte er weiter: Er nahm am Warschauer Aufstand 1944 teil, überlebte diesen und begab sich nach dem Krieg erneut in den Dienst des freien Polens – diesmal im Kampf gegen die neue kommunistische Diktatur.
Doch genau das wurde ihm zum Verhängnis. Die sowjetisch kontrollierte polnische Geheimpolizei verhaftete ihn 1947. Er wurde monatelang brutal gefoltert, um ihn zu Geständnissen zu zwingen. In einem Schauprozess wurde er des Hochverrats beschuldigt und zum Tode verurteilt. Am 25. Mai 1948 wurde Witold Pilecki im Gefängnis Mokotów in Warschau hingerichtet. Seine Familie durfte weder den Leichnam sehen noch sein Grab erfahren – bis heute ist sein genaues Begräbnis unbekannt.
Jahrzehntelang durfte in Polen nicht über ihn gesprochen werden. Erst nach dem Fall des Kommunismus wurde seine Geschichte rehabilitiert. Heute gilt er als Nationalheld, als Symbol für Mut, Opferbereitschaft und unerschütterlichen Glauben an Freiheit und Menschenwürde.
Witold Pilecki hätte sein Leben retten können. Er hätte schweigen, sich zurückziehen oder fliehen können. Doch er entschied sich anders – aus Überzeugung, aus Pflichtgefühl, aus Menschlichkeit. Seine Worte im Gefängnis zeugen davon:
„Ich wollte leben. Aber ich wusste, dass es etwas gibt, das wichtiger ist als mein Leben: die Wahrheit.“
Heute erinnern Gedenktafeln, Bücher und Dokumentationen an sein außergewöhnliches Leben. Doch noch immer kennen viele außerhalb Polens seinen Namen nicht. Deshalb ist es umso wichtiger, seine Geschichte zu erzählen – weiterzugeben – zu erinnern.